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Markt im Städtchen
Schon sehr früh hebt sich Sankt Vith von den umliegenden Orten dadurch ab, dass hier Markt gehalten wurde. Die Grenzbeschreibung des Kölner Wildbannes erwähnte schon 1157 "Sanctum Vitum in foro", den Markt Sankt Vith.
Seinen Ursprung, so meint Proffesor Neu, verdanke der Markt einerseits seiner günstigen Lage zwischen dem trierisch - lothringischen Raum und dem Gebiete des Niederrheins und der unteren Maas an der alten Römerstraße Köln - Rheims und der Heerstraße Aachen - Luxemburg. Andererseits habe die Wallfahrt zum hl. Vitus die Entstehung eines Jahrmarktes gefördert.
Es fällt sehr schwer, die Bedeutung der Sankt Vither Märkte im Laufe der Jahrhunderte zu verfolgen. Aus dem späten Mittelalter berichtet eigentlich nur das Weistum von 1451 über Märkte in der Stadt. Erwähnt wird ein wöchentlicher Markt, der am Samstag stattfand und vom Marktfrieden unter dem Marktkreuz begleitet wurde.
Der Markt
Hier fand wahrscheinlich der Warenumtausch zwischen städtischer und ländlicher Bevölkerung statt, handeltet man die Dinge des täglichen Bedarfs. Der Korn-, Salz- und Erbsenmarkt fand dem Weistum zufolge im Bereich der Spitalkirche statt. Noch im 18. und 19. Jahrhundert wurde dieser Markt wöchentlich abgehalten.
Auf dem Markte wurden laut einer Liste aus dem Jahre 1770 nur wenig Weizen, etwas Buchweizen und Hafer und größere Mengen Roggen angeboten.
Den Preisen aber, die auf den Märkten gängig waren, müsse man mit Skepsis begegnen, schrieb der kaiserliche Einnehmer Prinz aus Vianden, "da in den kleineren Städten (auch Sankt Vith wird erwähnt) die Märkte im allgemeinen nur den Armen dienen. Es wird hier wenig verkauft wegen einerseits des Standgeldes, das machen Bauern vom Markte fernhält, andererseits wegen der Schulden, die der Bauer gewöhnlich in diesen Städten hat. So kommt es, dass sowohl der Bauer als auch der Herr versuchen, Getreide an die Fuhrleute, wenn möglich vor der Haustür, zu verkaufen.
Der 1594 erwähnte salz- und Fruchtstapel verpflichtete durch die Stadt transportierte Ware auch hier auf dem Markt zum Verkauf anzubieten. Darauf konnte dann Standgeld erhoben werden.
Der Jahrmarkt am Sankt Vitus-Tag (15 Juni) war für die Stadt ein wichtiges Ereignis. Zahlreiche Händler und Kauflustige aus der näheren und weiteren Umgebung bevölkerten die Stadt. Damit bei dem großen Marktaufkommen kein Streit entstand, regelte das Weistum, wo die verschiedenen Verkäufer ihre Stände errichten durften. Neben den Einheimischen werden als Marktleute die Schuhmacher von "Malmeder und Stavel" und die "van Aachen, van Düren und van dat sy sint op die erde" erwähnt.
Die abnehmende Bedeutung des Sankt Vither Marktes im 18. Jahrhundert zeigen die stark rückläufigen Einnahmen aus den Akzisenrechten des Herrn von Oranien-Nassau. Der Handel verlagerte sich zunehmend in größere Städte, die sich später zu Industriezentren entwickelten.
Noch um 1861 fand am Samstag jeder Woche ein belebter "Fruchtmarkt" statt.
Kaufmann zufolge hat es dann aber nach 1870 nur mehr einen monatlichen Markt in Sankt Vith gegeben. Er hatte aber nur beschränkte Bedeutung und litt besonders auch unter den vielen leinen Märkten, die noch stattfanden "nur örtlichen Auftrieb und keinen Handel, aber um so größeren Wirtshausbetrieb" ahtten. Auch waren die wechselnden Wochentage, an denen verschiedene Märkte stattfanden, sehr hinderlich. So wurde der Katharinenmarkt am 25. November abgehalten. Fiel nun dieser Tag auf einen Samstag, erschienen die jüdischen Händler nicht. Eine umständliche Verlegung des Marktes war dann erforderlich. Ab dem Jahre 1902 gab es eine verbindliche Marktregelung. Sie legte den Markttag auf den Dienstag fest. Auch verordnete man eine Zeit für das Ende des Marktes, im Sommer fünf und im Winter vier Uhr nachmittags. Man wollte vor allen Dingen das unbeaufsichtigte Stehenlassen des Viehs während der Wirtshausaufenthalte unterbinden.
In der örtlichen Presse aber konnte man trotzdem Anzeigen lesen, in denen am Markttage entlaufene Rinder und Schweine gesucht wurden.
Mit dem Bau der Eisenbahn erhielt der Vieh- und Schweinemarkt eine Bedeutung, die ihn weit über den unmittelbaren regionalen Bereichen hinaushob.
Auch das starke Ansteigen der Schweinehaltung im Kreise war dieser Entwicklung förderlich.
So wurden seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg an den Markttagen 500 bis 900 Kühe, Ochsen und Rinder, 500 bis 1000 Schweine und 40 bis 50 Pferde vermarktet. Ein Teil davon wurde per Eisenbahn abtransportiert. 20 bis 30 Waggons mit Tieren verließen den Bahnhof in Richtung Rheinland und Luxemburg nach der Aufhebung des Exportverbotes für Rinder auch in Richtung Lüttich.
Beispiel eines Markttages
Hier wurde willkürlich ein Markttag herausgegriffen: "16. April 1912. Auftrieb: Total 2.017 Stück, davon 233 Ochsen, 220 Kühe, 129 Rinder, 286 Schweine, 726 Ferkel, 373 Brühlinge (mehr als 6 Wochen alte Schweine).
Preise: Fuhrochsen das Paar (beste) 850 - 1.000 Mark, (geringere) 650 - 820 M, Milchkühe das Stück 170 - 250M, Ferkel das Paar 40 - 50 M, Brühlinge das Paar 70 - 90 M; größere Schweine das Stück 80 - 100 m. Ochsen 1. Qualität 75 - 77 M, 2. Qualität 73 - 75 M, Scheine 1. Qualität 58 - 60 M per Centner".
Die große Bedeutung, die der Viehmarkt vor dem Ersten Weltkrieg gehabt hatte, erreicht er danach nie mehr. Im Marktbereich der SVZ vom 1. April 1930 heißt es: "Aufgetrieben waren: 31 Ochsen, 77 Kühe, 54 Rinder, 5 Stiere, 1 Fohlen, 176 Ferkel, 137 Brühlinge, 47 große Schweine".
Dagegen konnte der Krammarkt eine bedeutende Entwicklung verzeichnen. Dies gescah zum Teil sehr zum Leidwesen verschiedener Sankt Vither Geschäftsleute, die klagten, drei Tage vor und drei Tage nach dem Markttage keinen Umsatz zu machen. Deshalb begrüßten sie auch die neue Standgeldregelung, um "Auswüchse durch Besteuerung fremder Kramhändeler zu bekämpfen", auf deren Marktständen des öfteren "schundhafte Waren" angeboten würden. Im Durchschnitt sollen pro Markt 50 Buden und auf dem Katharinenmarkt sogar 230 Buden Geschäfte gemacht haben.
Der unzweifelhafte Höhepunkt des jährlichen Marktlebens war nicht mehr der Sankt Vitus-Markt, sondern der im November abgehaltene Katharinenmarkt. Er entwickelte sich zu einem Volksfest, zu dem von weit und breit, selbst aus dem Ausland Menschen nach Sankt Vith kamen. Neben den Geschäften, die hier abgewickelt wurden, bildete besonders für die Jugend das schon am Nachmittag beginnende Tanzvergnügen den Hauptanziehungspunkt.
Auch als Gesindemarkt soll er eine Rolle gespielt haben. Im Herbst suchten Mägde und Knecht oft neue Dienstherren. Der Markt bot Gelegenheit, miteinender ins Gespräch zu kommen.
Quelle: Eine kleine Stadt vor der "großen Katastrophe" J. Dries, Hg. Jacobs, W. Langer